Nord-Ost-Link: Erdleitung durch das Krummesser Moor und die Naturschutzgebiete „Wakenitz“ und „Wakenitzniederung“ - Unbefriedigende Infoveranstaltung der 50Hertz Transmission GmbH am 13.3.2024 in Krummesse

 „Klima- und Biodiversitätsschutz gemeinsam verwirklichen“, so lautet die erste These der „10 Must-Knows“ des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zum Erhalt der Biodiversität. Das ist nicht nur für Naturschützer eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

 

Aber für die Planer des Nord-Ost-Links hat offenbar der Klimaschutz Vorrang, denn der Nord-Ost-Link soll als Erdleitung erneuerbare Energie von Heide nach Schwerin transportieren, um der Klimakatastrophe entgegenzuwirken, nimmt aber bei der Trassenführung keine Rücksicht auf schützenswerte Gebiete. In der Bauphase wird eine Trasse von 60 Meter Breite benötigt.

Der Naturschutzbeirat der Hansestadt Lübeck hat sich in seiner Pressemitteilung vom 6. März 2024 entsetzt darüber gezeigt, dass die Erdleitung das Krummesser Moor, das als größtes Moorgebiet Lübecks wieder vernässt werden soll, im nördlichen Teil direkt durchkreuzen und im weiteren Verlauf mit dem Klempauer Moor noch ein weiteres wertvolles Gebiet queren soll.

 

Zum 13. März 2024 hatte der Betreiber des Nord-Ost-Links in Krummesse zu einer Info-Veranstaltung eingeladen. Auch in Zarpen, Gadebusch und anderen Orten wurden die Anlieger über den Verlauf und die geplanten Bauarbeiten informiert. Gleichzeitig sollte die Möglichkeit geboten werden, auf Probleme hinzuweisen, so dass die Planung ggf. angepasst werden kann.

 

Mehrere Mitarbeiter:innen von 50Hertz Transmission GmbH standen Rede und Antwort. Die Info-Veranstaltung lief in Basar-Form ab. Karten waren ausgelegt, Bildschirme standen zur Verfügung und Infostände zu speziellen Themen wurden angeboten.

Wir waren vom NABU Lübeck mit fünf Personen in Krummesse vertreten und haben uns zwei Stunden lang "durchgearbeitet". Die meisten Mitarbeiter:innen der Firma konnten nur begrenzt Auskunft geben. Man wurde dann an Spezialisten verwiesen.

Einige NABU-Mitglieder wiesen darauf hin, dass diese Art der Infoveranstaltung ohne zentralen Vortrag und mit Fragemöglichkeiten des Publikums verhinderte, dass unter den Besuchern ein Austausch über die unterschiedlichen Interessen stattfinden und öffentlich Kritik geäußert werden konnte. Kritik an dieser Art der Veranstaltung wurde zurückgewiesen mit der Begründung, so könne man individuell auf jeden/jede eingehen. Auch andere hatten einen Vortrag erwartet und reagierten irritiert, dass die zahlreichen Besucher:innen sich um die Info-Tische drängelten.

In unseren Gesprächen stellte sich heraus, dass die Stellungnahme des Beirats für Naturschutz Lübeck wegen des Krummesser Moores den Mitarbeiter:innen von 50Hertz Transmission GmbH nicht bekannt war. Auch von den Maßnahmen der Stadt Lübeck, das Moor wieder zu vernässen, hatte nur ein Gesprächspartner seit kurzem Kenntnis. Das verwundert umso mehr, weil die Landschaftsplaner des Unternehmens schon Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde der Hansestadt Lübecks haben und das Moor kennen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Krummesser Veranstaltung nur ein Placebo für die Bevölkerung sein sollte.

Die Probleme, die eine Leitung verursacht, die sich auf 50 bis 60 Grad erhitzt, wurden kleingeredet. Dass bei der Ausschachtung des Moorbodens und bei seitlicher Lagerung des Aushubs sofort CO2 austritt, wurde ebenso heruntergespielt: In zwei bis drei Tagen seien die 1,50 Meter tiefen Schächte mit den vier Rohren, durch die dann das Erdkabel gezogen wird, wieder verfüllt. Das Kabel ist so schwer, dass jeweils nur 1500 Meter verbaut werden können.

Ein Mitarbeiter hatte das Moor als Niedermoor mit landwirtschaftlicher Nutzung wahrgenommen; er sah durchaus die Schwierigkeiten mit dem arbeitenden Untergrund, die Anschlussmuffen (immer nach 1500 m) könnten reißen. Es wurde betont, dass die Erdkabeltrasse in einer Breite von 25 Metern immer zugänglich sein müsse. Landwirtschaft könne betrieben werden, aber es dürften hier keine tiefwurzelnden Bäume wachsen, Knicks seien aber möglich. Wir wiesen auf die geplante Wiedervernässung des Moores hin, was ja die Zugänglichkeit der Trasse beeinträchtigen würde.

Unsere Hinweise auf die Bemühungen der Stadt Lübeck um das Krummesser Moor, die Durchquerung weiterer, sehr hochwertiger Moorflächen (Klempau) sowie der Naturschutzgebiete beiderseits der Wakenitz wurden notiert. Unter der Wakenitz soll die Leitung durchgeschossen werden. Problematisch könne dabei sein, wenn man auf Findlinge stoße und dann seitlich eine neue Trasse suchen müsse. Notwendig sind auf jeder Flussseite Arbeitsflächen von etwa einem Hektar Größe.

Wir haben die Gelegenheit genutzt, in einem Internetportal der Firma auf eine alternative Strecke hinzuweisen, die das Krummesser Moor nördlich umgeht. Ob es was nützt?

Wenn die Firma den genauen Trassenverlauf festgelegt hat, folgt die nächste Runde der Genehmigung auf Landesebene. Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt Lübeck sich intensiv einbringt. Die Bauarbeiten sollen 2027 beginnen. Der NABU Lübeck wird das Projekt auf jeden Fall aufmerksam und kritisch begleiten und wenn nötig Einspruch erheben. Es bleibt auszuloten, welche Möglichkeiten das neue Bundesbeschleunigungsgesetz zum Energieleitungsausbau uns noch lässt.

Übrigens kann sich jeder auf den Firmenseiten von TenneT und 50Hertz Transmission GmbH kundig machen. Hier findet man Karten, in denen der Verlauf der Trasse herangezoomt werden kann. In ein Portal kann man seine Bedenken oder Proteste eintragen.

Lübeck, d. 24.3.2024                   Jürgen Ibs, Sabine Jebens-Ibs

 

 

Hier ein Link als erster Einstieg zur „Hochglanz-Präsentation“ der beteiligten Firmen:

 

https://www.tennet.eu/de/projekte/nordostlink

 



Naturschutzbeirat entsetzt über den Strom-Trassenentwurf NordOstLink


Am 4. Mai 2023 erschien bei HL-live diese Presse-Erklärung des NABU Lübeck

Der NABU kritisiert die Abholzungen an der Wakenitz. Fotos: Günter Werner/NABU

NABU kritisiert Baumfällungen an der Wakenitz

 

Lübeck: Am 26. April 2023 erschien bei HL-live.de die Presse-Erklärung der CDU über den „ungepflegten Wanderweg“ an der Wakenitz. Auch der NABU sieht Defizite bei der Baumpflege auf beiden Seiten der Wakenitz und fordert ein einheitliches Konzept zum Umgang mit Bäumen in Lübeck.

Der NABU Lübeck erklärt dazu Folgendes:

(") Das Entsetzen der CDU und vieler Anwohner über die Situation am Wakenitz-Wanderweg auf der Ostseite des Flusses zwischen Schäferstraße und Kaninchenbergweg ist sehr verständlich und berechtigt. Aber die Kritik an der Stadtverwaltung, die Bäume einfach an Ort und Stelle belassen und nicht aufgeräumt zu haben, geht am Kern der Sache, dem Baum- und Naturschutz, vorbei.

Das Handeln der Stadtverwaltung ist an der Wakenitz äußerst widersprüchlich: Einerseits sperrte sie den Weg über ein Jahr, weil sie die Naturschutzgesetze einhalten wollte. Zwischen dem 1. März und dem 30. September dürfen keine Bäume gefällt werden, damit die Vögel ungestört brüten können.

Andererseits wurde zu Beginn des Jahres unter der Maßgabe, die Verkehrswegesicherheit der Wanderwege zu gewährleisten, äußerst brutal im Naturschutzgebiet abgeholzt. Die Bilder der verstümmelten Bäume auf der Ostseite der Wakenitz gingen mehrfach durch die Presse.

Auf dem Westufer im Bereich der Siedlung Gärtnergasse bietet sich ein ähnliches Bild, was bisher kaum zur Kenntnis genommen wurde. Bis Ende Februar wurden hier etliche Bäume ohne ersichtlichen Grund abgeholzt. Gefällt wurden gesunde Bäume abseits der Wege, die keine Gefährdung darstellten, Wildobstbäume wie Kirschen und Pflaumen kurz vor der Blüte, alte Obstbäume aus den aufgelassenen Schrebergärten; auch sie standen abseits der Wege, Habitatbäume, die einen wertvollen Unterschlupf für Vögel, Insekten und Kleinsäuger bieten.

An etlichen markierten Bäumen wurden dagegen gar keine Pflegemaßnahmen durchgeführt, zum Beispiel an alten Eichen, deren toten Äste direkt über den Weg ragen und tatsächlich eine Gefahr für Spaziergänger darstellen. Der eigentliche Auftrag wurde hier nicht erfüllt. Hat das Methode?

Der NABU hat in den letzten Jahren häufiger im Stadtgebiet beobachten können, dass Bäume auch im Sommer gefällt wurden, weil angeblich die Verkehrswegesicherheit nicht gewährleistet war. So wird der Baum- und Naturschutz unterlaufen, vermutlich auch, weil die Firmen der Forst- und Landschaftspflege im Sommer nicht ausgelastet sind.

Der Anblick der abgeholzten Bäume im Wakenitz-Gebiet schmerzt. Das Fällen und Verstümmeln gesunder Bäume in einem außerordentlich schützenswerten Naturschutzgebiet mit hohem Naherholungswert zeugen von Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit, wenn nicht von mangelndem Sachverstand.

Es ist klar, dass die gefällten Stämme und das Buschwerk im Naturschutzgebiet verbleiben und auch in den Fluss hineinragen sollen, denn sie bieten vielen Lebewesen Unterschlupf und eine Lebensgrundlage. Es geht nicht um einen „aufgeräumten“ Wald oder ein „ordentliches“ Flussufer, aber etwas mehr Mühe mit dem Anlegen von Totholzhaufen hätte man sich schon geben können.

Im Rahmen des Klimaschutzes sollen in den nächsten Jahren im Stadtgebiet eine Million Bäume gepflanzt werden. Auf dem Plan steht die u.a. die Aufforstung des Gutes Niendorf mit 400 000 Bäumen. Vor dem neuen Gewerbegebiet „Semiramis“ wurden an der Kronsforder Landstraße als Ausgleichsmaßnahme Obstbäume gepflanzt, aber gleichzeitig in diesem Bereich mehrere alte Linden der Allee gefällt, unseres Erachtens ohne ersichtlichen Grund.

Das Handeln der Stadt ist hinsichtlich des Baum- und Naturschutzes widersprüchlich. Wir fordern ein klares Konzept, an das sich alle zuständigen Behörden halten, und sehen vor allem die Untere Naturschutzbehörde in der Pflicht, sich ernsthaft um den vorhandenen Baumbestand zu kümmern und die Maßnahmen der beteiligten Firmen vor Ort zu begleiten und zu kontrollieren.

 

Der NABU Lübeck wird das im Auge behalten.(")

Text-Nummer: 158415   Autor: NABU/red.   vom 04.05.2023 um 15.47 Uhr

 

 

Quelle: https://www.hl-live.de/text.php?id=158415

Hier noch weitere Fotos (Günter Werner) der Abholzung